// Der Raum zwischen den Gedanken – Der Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung //
Persönlichkeitsentwicklung ist heute ein viel diskutiertes Thema und hat einen Wandel eingeleitet, der das 21. Jahrhundert stark prägt. Sie ist zu einem wichtigen Werkzeug unserer Gesellschaft geworden, um menschliche Fähigkeiten zu stärken.
Neue Technologien und Informationen unterstützen Menschen dabei, sich selbst zu verstehen und persönlich weiterzuentwickeln. Dazu gehören unter anderem die Stärkung der Selbstwahrnehmung, Herausbildung von Führungsqualitäten und persönlicher Stärke, Verbesserung von wirtschaftlicher Situation, Gesundheit und sozialen Fähigkeiten.
Im Business-to-Business-Bereich werden entsprechende Programme durchgeführt, und in Großbritannien wurde der Persönlichkeitsentwicklung ein zentraler Platz innerhalb der Hochschulpolitik eingeräumt. Studierende bekommen Werkzeuge zur Motivation von Mitarbeitern, Ethik und Selbstreflexion an die Hand. Persönlichkeitsentwicklung ist auch in der Hochschulbildung ein anerkannter Forschungs- und Ausbildungsbereich. Daraus erwachsen Berufsbilder wie das eines Coach oder Mentors, der Anderen bei der Herausbildung ihrer Fähigkeiten unterstützt.
Jeder will ein besseres Leben. Wie aber erreicht man das?
Um die Kraft, die in jedem Menschen steckt, zu verstehen, muss man um die drei Fundamente jedweder erfolgreichen Entwicklung wissen: Das Ego, unsere Gedanken aus der Vergangenheit und unsere Überzeugungen. Alle drei nehmen einen Raum zwischen den Gedanken ein. Dieser Raum ist essentiell, um klare Absichten formulieren zu können und die Herausforderungen des Lebens mühelos zu bewältigen. Wenn dieser Raum mit negativen Gedanken belegt ist, wird es sehr schwierig, die eigenen Absichten und Ziele zufriedenstellend umzusetzen.
1. Das Ego
Das Ego ist das Bild, das man von sich selbst hat und das einem ein Gefühl von Identität vermittelt. Dies erscheint als etwas ganz Natürliches, aber das Ego ist das primäre Hindernis auf dem Weg zu wahrem Glück und Erfolg. In sozialen Beziehungen kann das Ego Reaktionen auf andere Menschen auslösen, die nicht wirklich wünschenswert oder zielführend sind. Große Erfolge werden nicht im Alleingang erzielt, sondern in Kooperation mit anderen.
Auf der persönlichen Ebene bringen uns gesunde Beziehungen zu anderen die Klarheit und Ruhe, die wir brauchen, um uns auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Indem wir Negativität einen Platz in unserem Denken einräumen – falsche Entscheidungen, Klatsch, Vorurteile und Schubladendenken, laute Auseinandersetzungen und sogar körperliche Gewalt – hemmen wir unsere kreativen Fähigkeiten mit Negativgefühlen. Unsachliche Kritik zählt zur Hauptnahrung unseres Egos – ob sie nur im Geiste oder verbal ausgeübt wird, sie verursacht in jedem Fall zu Ärger in demjenigen, der sie formuliert. Auch wenn es zunächst so scheint, als ob uns das Äußern von Kritik und Beschwerden erleichtert, so überlagert es nur die eigentlichen Gefühle, die die Kritik ausgelöst haben. Das kann Verbitterung, Empörung oder Beleidigung sein. Wenn wir diesen Gefühlen zu viel Raum zwischen unseren Gedanken einräumen, blockieren wir unsere Ziele, Kreativität und Handlungsfähigkeit.
In einem Zustand der inneren Offenheit erweitern wir unsere Fähigkeit, Situationen und Umstände zuzulassen. Dieser Freiraum kann so mit Kreativität gefüllt werden – ein Prozess, der Kooperation und Zufall beflügelt.
Ein weiterer Aspekt des Egos ist die Bindung an materielle Güter und sozialen Status. Das Ego kann in Menschen Begehrlichkeiten wecken, die nicht ihren wahren Wünschen entsprechen. Das liegt daran, dass das Ego an den falschen Stellen nach Befriedigung sucht, und stetig nach neuer Befriedigung strebt. Für das rationale Ich gehören soziale Etiketten und materielle Dinge zur Identität einer Person. Paradoxerweise ist die Befriedigung des Egos nur von kurzer Dauer und fordert immer mehr. Ein aktives Loslassen von diesen Abhängigkeiten ist nicht möglich, aber wenn man nicht länger danach strebt, sich darin selbst zu finden und sich seiner Abhängigkeiten bewusst wird, fallen diese von selbst ab. Durch die Überwindung der Identifikation mit materiellen Gütern findet man zu neuer Größe.
2. Gedanken aus der Vergangenheit
Gedanken aus der Vergangenheit können einen großen Einfluss darauf haben, wie wir unsere Entscheidungen fällen. Es ist wichtig zu wissen, wie das Gehirn diese Informationen verarbeitet und steuert. Während die linke Gehirnhälfte sich mit Erinnerungen, Analyse, Logik und der Auswertung von Erfahrungen beschäftigt, liefert die rechte Gehirnhälfte das Bewusstsein für die Gegenwart und bewertet Erfahrungen auf Basis der Informationen aus der linken Gehirnhälfte als gut oder schlecht. Doch die in der linken Gehirnhälfte gesammelten Informationen können ungenau, veraltet oder, wie voranstehend erläutert, Ich-gesteuert sein. Das Wissen um die Verbindung beider Gehirnhälften ist sehr hilfreich bei einer klaren Zielsetzung. So kann beiden Gehirnhälften der Raum zur Zusammenarbeit gegeben werden, um positiv auf eine Gelegenheit oder Situation zu reagieren.
Kürzlich habe ich mir einen TED-Talk der Neurowissenschaftlerin und Autorin Jill Bolte Taylor angesehen. Ihre persönliche Geschichte half mir, die Funktionen der Gehirnhälften besser zu verstehen. Nach einem schweren Schlaganfall waren ihre Gehirnfunktionen stark eingeschränkt und sie verlor Sprach- und Bewegungsfähigkeit und Selbstbewusstsein. Über einen Zeitraum von acht Jahren erlangte sie diese langsam wieder zurück. „Unsere rechte Gehirnhälfte ist dafür da, die Beziehungen zwischen den Dingen abzuspeichern. Für sie existiert als zeitliche Referenz einzig und allein die Gegenwart, und jeder Moment ist voller Empfindungen und Gefühl“, so Bolte Taylor. Ich begann, nach ähnlichen Geschichten zu suchen, in denen Menschen nach Schädigung ihrer linken Gehirnhälfte ihre üblichen Denkmuster hinter sich gelassen und etwas großes, allumfassendes erfahren haben. Ähnlich erging es dem Autor von „Proof of Heaven“, Dr. Eben Alexander, dessen Großhirnrinde, die für die Kognition zuständig ist, durch eine Meningitis lahmgelegt wurde.
Beide hatten in Harvard studiert, erlitten Gehirnverletzungen und erholten sich wieder davon, und hatten nach ihrer Genesung eine völlig neue Sicht auf die Welt. Aus gutem Grund weckten ihre Erfahrungen und Geschichten reges Interesse unter Autoren, Wissenschaftlern und tausenden von Menschen, die nach einer gesteigerten Selbstwahrnehmung streben und sich von ihren gewohnten Denk- und Handlungsmustern lösen möchten.
Das Empfinden von Glück und Zufriedenheit und das Ergreifen von Gelegenheiten sind das Ergebnis der vorbehaltlosen und vollständigen Akzeptanz des Augenblicks, und diese kann nicht durch plötzlich auftretende Wünsche gestört werden. Wenn wir uns von unseren Sorgen lösen und Zuflucht in den Räumen unseres eigenen Bewusstseins finden, werden wir uns der Veränderungen um uns herum bewusst und können widrige Umstände in positive Umstände verwandeln.
3. Überzeugungen
Es ist von fundamentaler Bedeutung zu wissen, dass man das erreichen kann, was man von sich selbst denkt und an was man glaubt. Denn auf Basis der eigenen Überzeugungen findet die persönliche Entwicklung statt. Das betrifft nicht nur die Überzeugungen, die gut sichtbar an der Oberfläche sind, sondern auch die unbewussten Überzeugungen, die einen davon abhalten, das Leben zu führen, das man eigentlich führen möchte. Wenn man nicht permanent darauf hört, was da wie ein Band im Kopf abgespielt wird, stützt man sich in seinen Entscheidungen auf diese Überzeugungen. Darunter fallen negative Gedanken – man sei nicht gut genug, man sei es nicht wert, man sei nicht klug genug – schlicht und einfach nicht genug.
Man wird nicht zu dem, was man will. Denn das Wollen befindet sich in dem Raum der Dinge, die man nicht hat. Man wird zu dem, was man glaubt. Man fällt seine Entscheidungen auf Grundlage dessen, was man für wahr hält.
Man kann Taktiken erlernen, alle einschränkenden und selbstsabotierenden Überzeugungen auszuschalten und abzuschätzen, wie man zu bestimmten Gedanken steht und wie sehr man von diesen Gedanken überzeugt ist. Mit dieser Übung schafft man Raum für die eigene Fantasie und lenkt Akzeptanz, Mitgefühl und Liebe auf diese Gedanken und gelangt so zu wahrer Stärke und Überzeugung.
In der buddhistischen Lehre heißt es: „Der Finger, der auf den Mond zeigt, ist nicht der Mond“. Worte weisen den Weg zu Konzepten, aber nicht zu Erfahrungen. Durch Übung kann man immer besser werden – die Probleme und das Ego werden immer kleiner, und die wahren Überzeugungen können sich Bahn brechen und den Weg zu Aufmerksamkeit und Zielgerichtetheit frei machen. Die Entwicklung ihrer Persönlichkeit besteht für viele Menschen aus lebenslanger Übung. Während man seine Ziele verfolgt, ist der Weg zum Himmel schon der Himmel.
Rodrigo Allel
Rodrigo Allel wurde in Chile geboren.Er studierte Kommunikationswissenschaften an der Ryerson University, Toronto, Kanada und arbeitete als Art Director und Werbeproduzent in Kanada und Spanien. Derzeit beschäftigt er sich mit verschiedenen Themen der Persönlichkeitsentwicklung und möglichen Wegen hin zu einer verstärkt unternehmerischen Gesellschaft. Allel arbeitet beim deutschen Auslandsrundfunk Deutsche Welle in Berlin.
E-Mail: rodriallel@gmail.com / Twitter: @rodriallel
Manuel Cabrera
Manuel Cabrera wurde 1986 in Mexiko Stadt geboren. Er studierte Grafikdesign an der Universidad Iberoamericana. Zur Zeit arbeitet er als freischaffender Grafikdesigner und Illustrator, während er dabei ist, ein zweites Studium in Architektur zu beenden.
August 2014
© Santacruz International Communication